Carmen Konzett-Firth

Der Umgang mit Formulierungsschwierigkeiten
in fremdsprachlichen Peer-Gesprächen: Eine konversationsanalytische Untersuchung von Interaktionen im Französischunterricht

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Abstract (deutsch)

Der vorliegende Beitrag untersucht aus konversationsanalytischer Perspektive, wie jugendliche Französischlernende mit Sprachproduktionsproblemen in Peer-Interaktionen umgehen. Einerseits sind solche Momente in der Interaktion komplex in Bezug auf Identitätskonstruktionen, u.a. weil lokal ko-konstruierte Positionierungen ausverhandelt werden müssen, andererseits ist die Bearbeitung dieser interaktionalen Ereignisse auch Zeugnis der Interaktionskompetenz der Lernenden und liefert Hinweise darauf, wie Lernende diese Peer-Interaktionen kontextualisieren.
Grundlage für die explorative Studie bilden Videodaten aus einem Längsschnittkorpus zum schulischen Französischunterricht an einem österreichischen Gymnasium. In der Studie wird der Frage nachgegangen, ob Lernende potenzielle interaktionale Störungen wie Verzögerungen, broken starts (Gardner 2007), Wortsuchen oder Abbrüche überhaupt als solche behandeln, welche Beteiligungsrollen (etwa in Bezug auf Selbst- oder Fremdreparatur) dabei zu beobachten sind und wie die Bearbeitungen sequenziell organisiert werden. Es zeigt sich, dass in vielen Fällen die aus der Lingua Franca-Kommunikation bekannte „let it pass“-Strategie eingesetzt wird, bei der Gesprächsteilnehmende auf die Formulierungsschwierigkeiten des Gegenübers nicht explizit oder gar nicht eingehen. Wenn Hilfsangebote von Peers an Interaktionspartner*innen gemacht werden, treten diese häufig in Form von Fremdreparaturen lexikalischer Elemente in Wortsuchsequenzen auf. Gerade in den ersten Lernjahren werden offensichtliche Formulierungsschwierigkeiten oft von Lachen oder Lächeln der Sprechenden oder auch mehrerer Teilnehmenden begleitet. Die Interaktionsteilnehmenden indexikalisieren dadurch nicht nur die Problemhaftigkeit der Formulierung, sondern auch ihre Identität als Lernende in einer Lehr-Lern-Situation.


Abstract (englisch)

The present contribution uses Conversation Analysis to investigate how teenage learners of French deal with language production problems in peer interactions. Such moments in interactions are complex regarding identity construction, for instance because locally co-constructed positionings have to be negotiated, but they also deliver proof of the learners‘ interactional competence and indicate how they contextualise peer interactions. The exploratory study is based on video data from a longitudinal corpus of French classes in an Austrian state secondary school. The study investigates if learners treat potential interactional troubles such as hesitations, broken starts, word searches or cut-offs as such, which participatory roles (for example, regarding self- or other-repair) can be observed and how the treatment of such troubles is organised sequentially. The data shows that learners often use the „let it pass“ strategy known in lingua franca communication, in which interaction participants do not or not explicitly react to their interlocutor’s problems in formulation. If peers offer help to their interaction partners, they often take the shape of other-repair of lexical elements in word search sequences. Especially in the first years of instruction, obvious formulation difficulties are often accompanied by laughter or smiling of speakers and/or other participants. In this way, interaction participants not only indexicalise the problematic nature of their formulation but also their identity as learners in a teaching/learning situation.


Keywords

Konversationsanalyse, Unterrichtsforschung, Peer-Gespräche, Störungen